Aus einer dunklen Ecke des Zimmers hört man ein klacken, wie von Wassertropfen, die auf Plastik schlagen. Leise piept und raschelt es. Es klingt, als wären Mäuse in der Wohnung. Doch dann wird das leise Piepen laut, als beschwerte sich eine Maus über etwas, nur viel lauter. Der Schäferhund sitzt in der dunklen Ecke und schaut gespannt durch die Gitterstäbe hindurch. Was ist es, was dort so einen Lärm macht. Nervös leckt sich der Schäferhund über die Schnauze, die Ohren sind starr geradeaus gerichtet, wie ein zweites Paar Augen, dem nichts entgeht. Streu fliegt in hohen Bogen auf einen der Hundeplätze und auf den Kopf des Schäferhundes, der sich aber nicht weiter dafür interessiert, sondern nur noch nervöser wird. Schaut man genau hin, sieht man, dass die Ohren des Schäferhundes vor Erregung zittern. Will sie die fiependen Kerlchen fangen und fressen, sie hüten oder gar bemuttern? Eine Antwort wird uns die Hündin wohl nicht geben und wenn doch, wäre es eine, die wir nicht sehen wollen.
Als ich meinen Kopf um die Ecke strecke, sehe ich drei kleine Wesen. Sie bewegen sich auf zwei Beinen, an denen nur 4 Zehen hängen. Keine Mäuse, keine Menschen. Laut kreischend flattert eines der Geschöpfe auf, als es mich erblickt. Verstört läuft die kleine Schar an das andere Ende der Hundebox und sucht Schutz bei dem Kuschelaffen, doch sie können meinem Blick nicht entgehen.
Es dauert nicht lang, als das erste der drei an die Gitterstäbe läuft und neugierig wartet. Gibt es Futter für den immer leeren Magen oder gar Zuwendung von streichelnden Fingern? Als ich meinen Finger zwischen den Gittern ins Innere strecke, haut ein kleiner Schnabel auf meinen Finger. "Autsch" rufe ich empört, "das war doch gar nichts zu essen."
Demütig blickt das kleine Geschöpf zu dem Finger, ist aber nach zwei Sekunden wieder neugierig und beäugt den Finger erneut. Es kann nichts Interessantes erkennen und verschwindet in der Dunkelheit der großen Kiste.
M und ich sind "Eltern" von drei Küken geworden. Wir haben lange nach einer Rasse gesucht, die wir aufnehmen wollen. Ich wollte unbedingt eine vom aussterben bedrohte Nutztierrasse aufnehmen, mit denen wir vielleicht sogar züchten könnten. Entschieden haben wir uns letztlich für - bitte nicht lachen und auch nicht gleich schlecht über uns urteilen, nur wegen des Namens - Deutsche Reichshühner in goldschwarzgesäumt. Diese Rasse wurde um 1895 gezüchtet und zeigte den Nationalstolz der Deutschen, die das erste Mal in einem geeinten Reich lebten.
Eins habe ich inzwischen gelernt, es ist nicht einfach, an diese Hühner zu kommen. Ich habe Bruteier irgendwo in Bayern bestellt, weil alle Züchter unglaublich weit weg von uns wohnen und ich die lange Fahrt nicht aufnehmen wollte. Aus 11 Eiern schlüpften vier Küken, von denen eines nach wenigen Tagen starb. Es war zu schwach. Es bleiben also drei. Zwei der drei haben kleinen Kämme auf der Stirn, es werden also vermutlich Hähne. Nur eines hat eine glatte Stirn. Ein Züchter berichtete mir, dass man das in dem Alter noch nicht sagen könnte. Hennen und Hähne kann man erst voneinander unterscheiden, wenn die Hähne rote Kämme bekommen.
Jetzt überlege ich, in einen 450 km weit entfernten Ort zu fahren, um dort weitere Reichshühner zu holen. Allerdings zögere ich, die Strecke schreckt mich ab, aber der Züchter scheint sehr nett zu sein. Vielleicht warte ich auch erst einmal ab, wie viele Hennen und Hähne wir nun haben.
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