Gerade eben warf ich einen Blick in den roten Palast und glaubte für eine Sekunde, Max läge darin und schliefe. Aber der Hundekorb ist leer, nicht einmal unser Schäferhund liegt in diesem Moment dort, es war einfach nur ein Schatten, der zu einer vertrauten Erinnerung wurde. Max war ein Hund der Widersprüche. Er brachte mich genauso oft zur Weißglut, wie zum Lachen. Bereits nach der ersten Nacht bei uns, wollte ich ihn sofort wieder zurück ins Tierheim bringen. Letztendlich blieben Max und ich 11 Jahre zusammen, eine lange Zeit, niemals hätte ich gedacht, dass dieser kranke und verrückte Hund so alt werden könnte.
Mit zwei Jahren adoptierten wir ihn, holten ihn aus dem Tierheim und die Pflegerin warnte uns vor, dass dieser Hund einen Zwingerkoller hätte. Doch Max war der einzige Hund, der uns nicht anbellte. Er stand auf zwei Beinen, die Vorderpfoten ans Gitter seines Zwingers gestützt da und schaute uns an. Eine mächtige schwarze Erscheinung. Mein Ex-Mann verliebte sich auf den ersten Blick. Ich wollte ihn nicht mitnehmen, ich wollte die 5 Jahre alte Schäferhündin mit der tiefen Stimme, die nebenan im Zwinger saß. Aber A konnte nicht von ihm lassen. Also holten wir ihn aus seinem Zwinger und gingen eine Runde mit ihm durchs Feld, er zog so sehr an der Leine, dass ich befürchtete, er müsse gleich ersticken. Er erschrak vor einem vorbeifahrenden Zug, er bekam seinen Zwingerkoller, weil es nicht schnell genug voran ging, doch er beruhigte sich schnell. Ich war erschrocken darüber, denn der später genannte "Gru" äußert sich, indem er versucht in seinen Oberschenkel zu beißen und dabei bellt und knurrt. Ein äußerst gefährliches Geräusch, dass immer wieder Erklärungen notwendig machte und Menschen in unserer Umgebung vor diesem Ungetüm abschreckte. Als wir zurück zum Tierheim gingen, blieb er an meinem Auto stehen und wollte von dort nicht mehr weg, doch wir brachten ihn zurück in seinen Zwinger, um ihn ein paar Tage später wieder abzuholen.
Max hieß im Tierheim Moritz und wir suchten lange nach dem passenden Namen für ihn. Als er endlich Max hieß, lachten uns Freunde aus, bis wir endlich begriffen, dass wir gerade zwei bekannte zusammengehörige Namen in einem Hund vereint hatten. Er war sehr mager, sein Fell fettig - wir trauten uns aber nicht, ihn zu waschen, weil er so unbekannt war - stattdessen kraulten wir ihn mit der Zeit sauber. Er mochte es nicht, wenn man seine Ohren anfasste, an seinen Hintern ließ er niemanden ran. Aber er biss uns nicht, immer nur sich selbst.
Für Max war alles neu. Er bellte Gitarren an, schob verwirrt As Brille von der Nase um seine Augen abzulecken, sprang laut bellend gegen einen Spiegel, um gegen den Hund dort zu kämpfen. Die erste Nacht war der Horror. Max gruhte und gruhte. A ging zu ihm in das Wohnzimmer und verbrachte die Nacht mit ihm auf dem Sofa. "Lass ihn uns wieder wegbringen", sagte ich am nächsten Morge, doch A interessierte sich nicht für meine Worte. Mit der Zeit - es war März - wurde er etwas ruhiger. Doch im Sommer, als die ersten Gewitter aufkamen, wurde er immer nervöser, sein Zwingerkoller immer schlimmer.
Max blieb und zog immer wieder mit mir um. Vier Wohnungen lernte er kennen und je älter er wurde, desto ruhiger wurde er - Streicheleinheiten genoss er sehr, vorallem, wenn man ihn an Ohren oder Hintern kraulte. Dennoch gab es Zeiten, in denen ich ihn am liebsten erschlagen hätte. Er war frech, hatte seinen eigenen Kopf. Hörte am Anfang nur schlecht, ließ sich kaum von uns beeindrucken, zerstörte Sofa, Sessel, Bett, gelbe Säcke, Schaukelstuhl und fraß regelmäßig den Mülleimer leer. Jedes Mal, wenn ich nach Hause kam, konnte ich mich auf die nächste Überraschung gefasst machen. Doch dann waren da die Spaziergänge. Seine unendliche Begeisterung für Bälle - die er mir nie zurück brachte, sondern triumphierend herum trug, bis er das Interesse daran verlor und sie liegen ließ. Sein Strahlen, wenn er mich sah und die Albernheiten, mit denen er mich so oft zum Lachen brachte, waren all der Mühe Lohn. Er war mein Clown und mein Traumprinz, mein Stern und ein manchmal erfolglos jagendes Arschloch. Der Buddelweltmeister und Schmusehund, der 38 kg Hund, der viel zu oft dachte, er sei ein kleiner Schoßhund und sich trotz seines Gewichtes auf meinen Schoß legte, auch wenn ich nur auf einem Sessel saß.
Er entwickelte sich zu einem Traumhund, der seine Macke - den Zwingerkoller - zwar nie vollständig los wurde, sie aber so weit unter Kontrolle brachte, dass es erträglich wurde. Max wurde zu meinem Hund. Er liebte mich, so sehr wie ich ihn liebte. Hatte ich schlechte Laune, bekam auch er schlechte Laune und wir steigerten uns gegenseitig rein - ich schrie ihn an und er gruhte nervös. Er wollte immer nur mit mir spazieren gehen und streikte bei allen anderen, wenn sie ihm nur die Leine zeigten und ich nicht in deren unmittelbarer Nähe war. Je älter er wurde, desto ruhiger wurde er, er behielt seinen eigenen Kopf und machte noch immer Unfug, aber er war einfach nur ein gutmütiger, sensibler, geduldiger Sternenhund, der uns so viele Fehler verzieh. Am wohlsten fühlte er sich, wenn viel los war. Je mehr Menschen um ihn herum waren, desto fröhlicher wurde er. Ging von einem zum nächsten und ließ sich verwöhnen.
Und zudem war er auch der kränkeste Hund, den wir uns hätten aussuchen können. Doch er war ein Kämpfer und keine seiner Krankheiten beeinflusste ihn wirklich. Er hatte Räude, Leishmaniose, Babesiose und Ehrlichiose. Harnleiter-, Ohren- und Augeninfektionen, Toxoplasmose und immer mal wieder Geschwüre, mindestens 5 Mal wurde er wegen irgendwelcher Geschwüre operiert und unsere Tierärztin hatte ihn als Dauergast gebucht.
Als es Zeit wurde, von ihm Abschied zu nehmen, sagte sie noch einmal, dass sie niemals einen Hund in Behandlung hatte, der so viele Krankheiten mitbrachte und der sich so gut entwickelt hat. Doch zum Schluss konnte auch sie nichts mehr für ihn tun - all die vielen Medikamente brachten keine Besserung mehr. M und ich entschieden, ihn einschläfern zu lassen. Alles fing an mit einem Geschwür an der Pfote - schwarzer Hautkrebs - das erfolgreich entfernt werden konnte. Doch kurze Zeit später wurde sein Hinterteil zu schwach und er brach häufig weg, schlug sich bei seinen Stürzen die Nase blutig. Er hatte einen Schlaganfall, eine Harnleiter-, Nieren- und Blaseninfektion. Einen Ausschlag auf der Haut, der erst seinen Penis und dann sein Bein dick anschwellen ließ. Er verlor den Appetit und damit auch zusehends an Gewicht, lag häufig nur noch in seinem roten Palast zu meinen Füßen, hechelte und fiepte.
Es dauerte lang, bis wir uns durchrangen, ihn einschläfern zu lassen. Unsere Tierärztin gab ihm eine überdosierte Vollnarkose. Er war so schnell tot, dass er es selbst nicht begreifen konnte. Ich weiß, dass es für ihn letztendlich eine Erlösung gewesen sein muss, doch trotzdem fühle ich mich wie ein Verräter, der tapferen Kämpfer Max eine Messer in den Rücken gerammt hat. Er hatte mir vertraut, ging überall hin mit mir, am Ende sogar in seinen eigenen Tod.
Es wird nie wieder einen Hund wie Max geben. In schwierigen Zeiten haben wir uns gegenseitig gestützt und beieinander Trost gesucht. Die gemeinsamen Spaziergänge waren unsere Freiheit und unser Vergnügen. Wir haben zusammen so viel neues entdeckt - kein anderes Wesen, außerhalb meiner Familie, hat je so viel Zeit mit mir verbracht, wie der verrückte Hund mit den vielen Namen.
In Erinnerung an Max (aka Maxwell, Maxi, Maxe, Blackwell, Schwarzwald, Master Gru, Stern, Prinz, Arschloch, Unfug, Quatschkopf, ...)
Ja das stimmt, aus Max wurde mit den Jahren ein wirklich toller Hund vor dem ich allerdings auch Respekt hatte wenn Mutti nicht in seiner Nähe war. Ich denke gerade an unseren Urlaub in Dänemark als B und ich mal für 2 Std Max beaufsichtigt haben, was waren wir froh als Mutti wieder da war. Er hatte seinen eigenen Kopf und ihr wustet mit ihm umzugehen. Ich werde ihn vermissen den großen schwarzen.
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